Colmar liegt zwar nur am Rande der Vogesen, ist aber aufgrund seiner mittelalterlichen Bedeutung und guten Erreichbarkeit (per Bahn zwischen mulhouse und Straßburg) ein interessanter Ausgangspunkt. Die Stadt erlebte ihre Blütezeit im Mittelalter, als der Weinhandel viel Reichtum in die Stadt brachte.

Nachdem die Stadt unabhängig wurde und eine eigene Verfassung erlangte, wurde sie auch zum wissenschaftlichen und kulturellen Zentrum der Region. Das wiederum begünstigte die Ansiedlung von Industriebetrieben. Die mittelalterliche Altstadt blieb bis heute erhalten und eignet sich ideal für eine Erkundung zu Fuß vom Rathaus (Place de la Mairie) aus.

Den Besucher erwartet eine wilde Mischung aus Kultur und Kommerz. In einer Seitengasse behauptet sich ein in die Jahre gekommener Schumacher neben einem neu eröffneten Sushi Laden. Gegenüber des historischen Kreuzgangs eines alten Dominikanerklosters, steht man vor dem Marken-Store des italienischen Modelabels (das zu einem amerikanischen Konzern gehört und mit norwegischem Logo wirbt – so viel zur Globalisierung…). Vor dem Antiquitätenhändler steht ein Maroni-Mann, daneben hat ein Laden mit Buddha Statuen aufgemacht.

Colmar Elsass Vogesen Wandern Martinfrick 6340

Überall finden sich kleine Gassen, immer eingefasst von Fachwerkhäusern, kleinen Plätzen oder alten Kirchengemauern, und auf schritt und tritt locken die kulinarischen Angebote. Flammkuchen mit Speck, Lachs oder Apfel-Zimt?
Oder gleich ein anständiges Entrecote?

Die Magie des Mittelalters

Als ich nach Jahren mal wieder hier aufkreuze, ist es schon November und der ganze Weihnachts-Wahnsinn schlägt um sich. Die ganze Stadt ist irre aufwändig geschmückt. Asiatinnen im Designerdress zücken ihre Leica, um einen Schnappschuss fürs Insta-Profil zu machen.

Im „La Krutenau“, direkt an der Lure Brücke gelegen, esse ich einen Flammkuchen, der fast zu perfekt schmeckt, hauchdünn und übermenschlich knusprig. Auf dem WC muss ich warten und komme mit einer Frau ins Gespräch. Wir versuchen es auf englisch, sie spricht spanisch, versteHt aber auch ein wenig Türkisch, wie sie mir erklärt. C’est incroiable, was hier los ist. Oder ist es Magie? Die Organisatoren wollen es glauben machen – „la magie de Noel“ heißt der Markt, der sich in der ganzen Stadt verteilt. Ich weiß nicht ob das magisch ist. Aber auf jeden Fall ist es gemütlich, gastfreundlich, etwas für Genießer. Und es ist ein funktionierendes Stadtmarketing.

Ein Latino spielt Planflöte mit Funkmikrofon, Verstärker und Stromaggregat , während sein Kollege fleißig CD’s verkauft. So ähnlich muss es hier im Mittelalter auch ausgesehen haben, rund um die Kathedrale.

Wenige Gassen weiter wartet die Markthalle mit regionalen Produkten, direkt an der Lure gelegen. Es fehlen eigentlich nur noch die Ochsen, die Karren, die Hühnerkäfige, die Ferkel, die feilgeboten werden. Die modernen Bettler verfügen heute allerdings über ein Smartphone und durchwühlen hauptberuflich die Mülleimer auf der Suche nach weggeworfenen Pfandbechern. Magie sieht anders aus.

Aber gerade deshalb: Colmar ist immer eine Reise wert, weil das Städtchen für jeden etwas bietet. Notfalls auch bei Regen, oder am Wochenende. Und wenn es gar nicht anders geht, oder du unbedingt mal Fachwerkhäuser sehen willst, die bis Unters Dach mit Eisbären, Hirschgeweihen und weiß beflockten Ästen geschmückt sind, – auch zur Weihnachtszeit.

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